

Wer ist eigentlich dieser Mensch unter dem Talar? Wie sieht er aus, wenn er dieses Gewand ablegt? Wie wirkt sie dann? Bleibt Mensch gleich Mensch? Oder steckt unter dem Talar jemand ganz Anderes?
_beneath_the_talar erzählt Geschichten.
Wir erzählen nicht alles, aber einen Teil...
Ecce homo – die Pfarrerin ist wahrer Mensch!

Seit ich zwanzig bin trage ich schwarz. Ich variiere – mal ist es ein dunkles Schwarz, mal etwas Grauschwarz, mal ein Blauschwarz, mal ein samtiges Schwarz, mal mit einem schwarzen Schal, mal mit schwarzem Seidentuch, oft mit Rollkragen. Manchmal in Kombination mit weiß – z. B. einem angedeuteten Collarkragen (keinen richtigen, in der Mode der Frauen nennt man das Bubikragen). Aber eigentlich trage ich nur Schwarz! Trug ich nur Schwarz...

„Schwarz ist meine Zuflucht“, sagte einmal Yves Saint Laurent. Das unterschreibe ich aus vollem Herzen. Lange, lange Zeit habe ich mich darin einfach wohl gefühlt – zeitlos, elegant, fabulös, interessant. Ich mochte das und mag es auch immer noch! Sehr! Ich liebe Schwarz! Dann begann ich mein Vikariat und machte ein Praktikum in der Krankenhausseelsorge und stellte fest, dass die Patient*innen leicht zusammenzuckten, wenn ich das Zimmer betrat: „Ist es wohl schon so weit, die Bestatterin kommt!“ Das machte mich nachdenklich. Ich fing an mir bunte Tücher umzubinden, aber richtig geändert habe ich nichts.
Müsste ich das? Ich fing an nachzudenken, was Pfarrerinnen eigentlich tragen sollten, tragen dürfen? Welche Farben sind passend? Welcher Stil? Darüber denke ich auch heute noch nach...und schwarz ist immer noch vieles in meinem Kleiderschrank. Allerdings änderte sich etwas – irgendwie ganz von allein, angestoßen von Menschen, die mir begegnet sind und Menschen, mit denen ich mich sehr verbunden fühle. Angestoßen durch mein eigenes biographisches Werden und Wachsen.

Punkte wurden das neue Schwarz! Und zwar nicht irgendwelche – sondern Polka Dots! Ich liebe sie! Diese kleinen Kreise, Punkte, die in einem gleichmäßigen Abstand zueinander einen einfarbigen Hintergrund zieren. Die Punkte sind Gute-Laune-Macher! Wer sie sieht, fühlt sich in den Bann gezogen und muss lächeln. Sie sind chic, sie verbreiten Leichtigkeit, Lebenslust! Sie sind frivol! Sie flirten mit ihrem Gegenüber – ganz von allein. Wenn ich Kleider mit Polka Dots trage fühle ich mich verbunden mit Minnie Mouse, die von Walt Disney bereits 1928 ein solches Kleid angezogen bekam. Ich fühle mich verbunden mit Frauen wie Marilyn Monroe oder Chili Williams, mit Männern wie Bob Dylan oder Brian Hyland. Er war es der 1960 mit dem Hit „Itsy Bitsy Teeny Weeny Yellow Polka Dot Bikini“ die berühmten ‚Punkte‘ besang und in aller Munde brachte.

Polka Dots sind die Dauerbrenner der Rockabilly*Rockabella-Mode. Diese Mode aus den 50er Jahren setzt Weiblichkeit, wie ich finde, wundervoll in Szene. Das fasziniert mich an dieser Mode und zog mich in den Bann. Es ist ein Spiel von Eleganz und Erotik, von verspieltem Mädchen und sinnlicher Frau! Die Falten- und Tellerröcke schwingen herrlich.

Einen Petticoat darunter und alles fällt noch üppiger. Punkte, Streifen, Karos, Kirschen – rot, schwarz, marineblau und weiß! Es macht Freude diese Kleidung zu tragen und strahlt Lebenslust und Lebenskraft aus. Ein Petticoat und ein Rock oder Kleid in A-Linie bzw. Blütenkelchform machen jeder Frau eine fabelhafte Figur! Hier gilt kein body shaming – im Gegenteil. Je weiblicher, runder – umso schöner! Es ist daher nicht die Frage wer diese Mode tragen kann, sondern viel mehr wie man diese Mode tragen soll. Und die Antwort darauf ist: Selbstbewusst als Frau und voller Lebensfreude!
